Rufen Sie im Weissen Haus an, fragen Sie nach Barack

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Der israelisch-palästinensische Friedensprozess ist zur Farce verkommen. Es ist offensichtlich, dass alle Parteien nur immer weiter die langweiligen und altbekannten Szenen nachspielen und die immer ermüdenderen Klischees bemühen, ohne dies, ohne selbst noch daran zu glauben…

In der NYT kommentiert Thomas L. Friedman

Hier gibt es weder Romantik, noch Sex, keine Aufregung, keine Dringlichkeit, noch nicht einmal ein Gefühl von Bedeutung. Das einzige, was den Friedensprozess noch in Gang hält sind Trägheit und diplomatische Gewohnheit. Und doch, auch wenn wir, das Publikum, es längst besser wissen müssten, halten wir weiterhin an der Hoffnung auf eine Einigung und Frieden im Heiligen Land fest.
Aus purer Gewohnheit.

Einen alten Freund in Jordanien erinnert dies an folgende Geschichte: „Zwei Kumpels schauen sich einen Western an. In der ersten Szene schleicht ein Indianer durchs Gebüsch und pirscht sich an den sympathischen Cowboy heran. Sagt der eine zum anderen: ‚Ich wette der Indianer killt den Cowboy‘. ‚Niemals‘, sagt sein Kollege. ‚Ich wette um 10$‘. Die Wette gilt, der Cowboy wird nicht in der ersten Szene getötet werden. Ok!
Kurz darauf ist der Cowboy tot und der Indianer um einen Skalp reicher. Die 10$ wechseln den Besitzer. Aber nach dem Film möchte der Gewinner das Geld zurückgeben: ‚Ich habe den Film schon gesehen, das war unfair. Ich wusste, was passieren würde.‘ ‚Schon gut‘, sagt der zweite, ‚behalte das Geld. Ich habe den Film auch schon gesehen, aber ich hoffte es würde diesmal anders ausgehen.‘

Auch der Film vom Friedensprozess wird nicht anders enden, solange wir alle die gleichen Rollen spielen. Ein neuer Ansatz muss her. Ein ganz radikaler Neuanfang. Etwas, das noch keine US-Regierung je getan hat: Nehmt eure „Wir sind der Friedensprozess“ -Schildchen herunter, hört auf zu Winken und geht heim!

Im Moment ist es doch so, dass uns mehr am Frieden liegt, als den beteiligten Parteien, die beide ganz andere Prioritäten haben. Und während wir uns immer wieder hinein begeben, sind wir für die Beteiligten zu einer Art „Novocain“ (Lokalanästhetikum) geworden. .

Wir dämpfen die politischen Schmerzen der arabischen und israelischen Entscheidungsträger, denn nur dadurch, dass wir mitspielen, merkt es deren Öffentlichkeit nicht, dass Stillstand eingetreten ist.
„Schaut her, die US-Außenministerin ist doch hier. Seht her, sie steht an meiner Seite. Seht her, ich bewege etwas. Macht ein Photo, dichtet eine Schlagzeile dazu. Wir stehen am Anfang von etwas ganz Großem – und ich bin unentbehrlich!“

Und solange wir mitspielen, können die jeweiligen Amtsinhaber ihren wahren Prioritäten fröhnen, als da sind: Machterhalt um der Pfründe oder der Pflege ideologischer Obsessionen willen, während man vorgibt, den Friedens zu wollen, obwohl man nicht zur Zahlung des etwaigen politischen Preises gewillt ist.

Lasst uns da nicht mehr mitspielen. Wir sind draußen. Lasst die Führer vor ihrem Volk alleine stehen. Ersparen wir es ihnen nicht, die Wahrheit sagen zu müssen: „Liebe Mitbürger, es ist nichts vorangekommen. Und es wird nichts vorankommen. Hier stehen nur ich und ihr und unser Problem“.

Wir müssen ihnen ganz klar sagen: „Wenn ihr euch im Klaren darüber seid, was ihr wollt, dann ruft an. 202-456-1414. Fragt nach Barack (O.). Ansonsten lasst uns zufrieden. Wir haben unser eigenes Land und unsere eigenen Probleme um die wir uns kümmern können.“

Es ist doch so, dass wir immer nur dann in der Lage waren, etwas für den Frieden zu tun, wenn wir die Schmerzen so groß waren, dass man nach uns rief, so z.B. nach dem Jom-Kippur-Krieg, in Camp David I, nach dem Libanon-Krieg, in Madrid und Oslo. Und wir hatten dann auch immer Leute, die klug genug waren, etwas damit anzufangen: Henry Kissinger, Jimmy Carter, George Shultz, James Baker und Bill Clinton.

Heute fühlen die Araber, Israel und die Palästinenser nicht genug Schmerz, als dass sie etwas für den Frieden tun wollten. Im State Department macht die Beschreibung die Runde: „Die palästinensische Führung will eine Einigung ohne Verhandlungen, die israelische Führung will Verhandlungen, aber ohne Einigung.“

Es ist offensichtlich, dass diese israelische Regierung meint, sie könne Frieden mit den Palästinensern haben und gleichzeitig das Westjordanland behalten. Die palästinensische Autonomiebehörde kann sich immer noch nicht entscheiden, ob sie mit dem jüdischen Staat in Einklang leben oder ihn kriminalisieren will, und die Hamas-Führung lässt die Palästinenser lieber im höllischen Elend von Gaza, als dass sie ihre Wahnidee einer „Islamischen Republik“ in Palästina aufgeben würde.

Wenn wir weiterhin Israel darum bitten, doch endlich mit dem Siedlungsbau aufzuhören, der so offensichtlich idiotisch ist, und die Palästinenser zu Verhandlungen drängen, die so offensichtlich in ihrem eigenen Interesse liegen, und von den Saudis auf einen Wink hoffen, der so offensichtlich pathetisch ist, sind wir definitiv fehl am Platz.

Es ist Zeit den Stillstand dieses dysfunktionalen „Friedensprozess“ zu benennen. Alles andere beschädigt nur die Glaubwürdigkeit Barack Obamas und seines Teams.
Wenn der Status quo für die Beteiligten so befriedigend ist, dann sollen sie doch ihren Spaß haben. Lass uns aber aufhören dies weiter zu subventionieren und zu anästhesieren. Wir müssen uns um Amerika kümmern. Sie wissen, wo sie uns finden können. Und wenn es soweit ist, sollten wir eine Karte auf den Tisch legen. Zwei Staaten für zwei Völker und eine Grenze in der Mitte. Gehen wir es mal etwas großzügiger an.


Hinweis: Von Th. Friedman, ein Weltbestseller im Taschenbuch, erweitert und aktualisiert: Thomas L. Friedmans kontrovers diskutierte Bestandsaufnahme der Gegenwart ist zugleich packende Reportage und prägnante Einführung in das, was die Welt von heute im Innersten antreibt. Globale Wertschöpfungsketten und Insourcing, RFID und Workflow: Friedman schildert die Hintergründe der Schlagworte, stellt uns Menschen vor, deren Visionen unsere Zukunft bestimmen, und führt hinter die Kulissen der Wirtschaftswelt, ob in Bangalore, Indien, wo der asiatische Boom kulminiert, oder in Bentonville, Arkansas, wo das Herz von Wal-Mart schlägt, dem größten Unternehmen der Erde. Er zeigt, welche Veränderungen auf jeden von uns zukommen – weder alarmistisch noch unreflektiert enthusiastisch. Vor allem aber: Friedman doziert nicht, Friedman erzählt.

Weit über zwei Millionen Mal hat sich dieses Buch in der englischsprachigen Ausgabe verkauft. Warum? Friedman, Pulitzer-Preisträger und Kolumnist der New York Times, erklärt seinen verunsicherten Landsleuten die Globalisierung. Und er formuliert, was sie und alle anderen Bewohner der „ersten Welt“ tun können, um in einer immer flacher werdenden Welt zu bestehen.

Die Einebnung der Welt vollzog sich zuletzt vor allem mit Hilfe von drei Innovationen: dem PC, dem Glasfaserkabel und den Workflow-Software-Lösungen. Individuen können immer besser im globalen Rahmen kooperieren und konkurrieren. Aufgaben werden immer konsequenter dort erledigt, wo dies am effizientesten möglich ist. Beispiele gefällig?

Amerikanische Wirtschaftsprüfer und Steuerberater lassen Routinearbeiten wie Steuererklärungen (anonymisiert) in Indien ausführen, um sich z.B. auf Strategiefragen konzentrieren zu können. Radiologen kleinerer und mittelgroßer US-Krankenhäuser delegieren die Auswertung von CT-Scans an Ärzte in Indien und Australien. Das digital übermittelte Bild wird am anderen Ende der Welt analysiert, während der amerikanische Arzt schläft.

Outsourcing ist aber nur ein Aspekt der flachen Welt. Ihr eigentlicher Clou liegt, so der Autor, darin, dass sie Individuen in die Lage versetzt, ihren eigenen Weg erfolgreich zu gehen. Kyle zum Beispiel. Er ist 17, schwerbehindert und kann nicht zur Schule gehen. Er baut einen eBay-Shop auf. Wenig später kündigen seine Eltern ihre Jobs, um Kyle zu helfen, und „haben schon mehr Geld verdient als jemals in unseren Jobs“. Sie stellen fest: „Bei eBay ist Kyle nicht behindert.“

In Beispielen wie diesen liegt die ganz große Stärke des Buches. Es macht erlebbar, was Globalisierung für den Einzelnen bedeuten kann. Auch wenn es sicher differenziertere Globalisierungstheorien gibt als die Friedmans: In Bezug auf die Beispiele kann ihm kaum ein Autor das Wasser reichen. Vor allem in ihnen erweist er sich als ausgezeichneter Beobachter, einfühlsamer Interviewer und brillanter Stilist. — Roland Große Holtforth, Literaturtest

3 Kommentare

  1. […] Der israelisch-palästinensische Friedensprozess ist zur Farce verkommen. Es ist offensichtlich, dass alle Parteien nur immer weiter die langweiligen und altbekannten Szenen nachspielen und die immer ermüdenderen Klischees bemühen, ohne dies, ohne selbst noch daran zu glauben… In der NYT kommentiert Thomas L. Friedman Hier gibt es weder Romantik, noch Sex, keine Aufregung, keine Dringlichkeit, noch nicht einmal […] Read more at http://test.hagalil.com/2009/11/15/obama-16/ […]

  2. […] Es ist doch so, dass wir immer nur dann in der Lage waren, etwas für den Frieden zu tun, wenn wir die Schmerzen so groß waren, dass man nach uns rief, so z.B. nach dem Jom-Kippur-Krieg, in Camp David I, nach dem Libanon-Krieg, in Madrid und Oslo. Und wir hatten dann auch immer Leute, die klug genug waren, etwas damit anzufangen: Henry Kissinger, Jimmy Carter, George Shultz, James Baker und Bill Clinton. … Es ist Zeit den Stillstand dieses dysfunktionalen “Friedensprozess” zu benennen. Alles andere beschädigt nur die Glaubwürdigkeit Barack Obamas und seines Teams. Wenn der Status quo für die Beteiligten so befriedigend ist, dann sollen sie doch ihren Spaß haben. Lass uns aber aufhören dies weiter zu subventionieren und zu anästhesieren. Wir müssen uns um Amerika kümmern. Sie wissen, wo sie uns finden können. Und wenn es soweit ist, sollten wir eine Karte auf den Tisch legen. Zwei Staaten für zwei Völker und eine Grenze in der Mitte. Gehen wir es mal etwas großzügiger an. hagalil.com […]

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