Behörde lenkt endlich ein: Widerwillige Entschädigung

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Peter Finkelgruen bedauert, dass es erst eines Hungerstreiks bedurfte, um die deutschen Behörden zu einem gesetzeskonformen, richtigen und anständigem Verhalten zu bewegen. Nicht alle Überlebenden sind in der Lage eine solche Aktion zu organisieren und eine entsprechende Resonanz in der Öffentlichkeit hervorzurufen…

In einer Erklärung bringt Peter Finkelgruen seinen Dank für alle die ihn in dieser Auseinandersetzung unterstützt haben zum Ausdruck:

Wie Sie aus der beiliegenden Presseerklärung ersehen können, breche ich heute mein unbefristetes Fasten ab. Auch die vorgesehene Pressekonferenz am Stelenfeld in Berlin am 09. November 2009 sage ich hiermit ab.

Die Berliner Behörden haben sich gestern bereit erklärt

  1. die noch ausstehenden Rechnungen, die im Zusammenhang mit meiner verfolgungsbedingten Herzerkrankung entstanden waren, zu erstatten,
  2. das Heilverfahren für diese Erkrankung zu gewährleisten
  3. einen symbolischen Betrag für den entstandenen Schaden als Folge der unterlassenen notwendigen Information über alle Ansprüche nach den Heilverfahrensgesetzen und Richtlinien zu zahlen.

Meine Aktion war erfolgreich. Ich bedauere jedoch, dass es derartiger Aktionen bedarf, um die Behörden zu einem gesetzeskonformen, richtigem und anständigem Verfahren zu bewegen.

Besonders befriedigt bin ich, dass nach dieser Aktion auch der Zentralrat der Juden in Deutschland in Gesprächen mit Vertretern des Bundes und der Länder darauf drängen wird, dass die noch wenigen Überlebenden über ihre eventuellen Ansprüche im Rahmen des Heilverfahrens nach §141a ff mindestens so laufend informiert werden, wie von ihnen alljährlich verlangt wird, im Gegensatz zu allen anderen Rentnern in Deutschland, zu belegen, dass sie noch leben.

Ich bin überzeugt, dass diese Aktion nicht zu einem erfolgreichen Ende geführt hätte ohne das mediale Echo, die Empörung in der Öffentlichkeit und die Eingaben, die von zahlreichen Menschen und Organisationen an den Berliner Senat gerichtet wurden.

Ihnen allen gilt mein Dank.

Peter Finkelgruen, Köln den 06. Nov. 2009

Entschädigung: Brosamen vom Herrentisch

6 Kommentare

  1. Diese Angelegenheit ist doch oberfaul und in ihrem Ablauf ganz offensichtlich unrechtmässig.

    Was, bitte sehr, heisst denn hier „ausstehende Rechnungen“? Also bitte, wer genau hat die Rechnungen ausgestellt, und für welche Leistungen, und über welchen Betrag?

    Wäre der Mann tatsächlich krank gewesen, dann hätte er die Rechnungen an seine Krankenkasse geschickt, und die hätte sie beglichen. Und bei Nichtzahlung hätte ihm der Klageweg vor einem Sozial- oder Verwaltungsgericht offengestanden, mit dem rechtmässigen Urteil eines auf die deutsche Verfassung vereidigten Richters.

    Aber das heisst im Umkehrschluss: Da die Krankenkasse offenbar (auch ggf. im Klageweg) nicht gezahlt hatte, lag also entweder kein entsprechender Krankheitsbefund vor, oder er war bei einem Geistheiler oder Scharlatan in Behandlung, oder er wollte vom Arzneimittelgesetz nicht anerkannte Medizin haben oder ärztlich nicht anerkannte Therapie, oder er wollte nebenbei noch zusätzlich Geld abzocken das ihm nicht zustand. Oder sonstige Gründe lagen vor, die eine Erstattung ausschliessen.

    Und was heisst hier denn „symbolischer Betrag“, wie hoch ist der denn, und wofür genau wurde der gezahlt? Etwa für „nicht erfolgte Hinweise“? Das allerdings wäre ja wohl der Witz des Jahrhunderts. Die Aufklärungspflicht einer deutschen Behörde ist gesetzlich geregelt, und eine Missachtung oder Unterlassung wäre in einem Widerspruchsverfahren bzw. auf dem Klageweg mit Verhandlung, Beibringung von Gutachten auch hinsichtlich eines Schadensersatzes und abschliessendem Urteil oder Beschluss vor dem Verwaltungsgericht zu regeln.

    Hat der Mann das jetzt alles gemacht oder hat er es nicht gemacht? Hat er den Rechtsweg eingehalten, wo kann man das alles nachlesen, wo hat er sich dazu geäussert? Wo kann man die Gerichtsurteile einsehen? Warum verschweigt er alle diese wesentlichen Fakten, wenn er doch schon in die Öffentlichkeit geht mit seiner Forderung?

    Soweit hat die ganze Sache ja erstmal nichts zu tun mit Jude oder Nicht-Jude. Aber hier kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da einer erfolgreich war mit dem Versuch, sich persönlich zu bereichern auf Kosten des deutschen Steuerzahlers. Und zwar indem er mit dem Juden- und dem Holocaust-Ticket wedelt und zusätzlich erpresserische und nötigende Mittel anwendet in Form der Androhung eines Hungerstreiks und der Erzeugung „internationalen Drucks“ auf Deutschland zum Zweck der Durchsetzung seiner Geldforderungen.

    Und das alles ganz offensichtlich meilenweit entfernt von jeder Rechtsstaatlichkeit. Die Zahlung eines „symbolischen“ Geldbetrages, nur weil einer ein Jude ist und in Shanghai geboren, das hat einen ganz üblen Hautgout. Es scheint, hier wurde gemauschelt und gezockt und geschachert wie in einer korrupten Bananenrepublik der Dritten Welt. Es drängt sich hier der Verdacht auf der Untreue, der Bestechlichkeit, der Vorteilsannahme und der Rechtsbeugung deutscher Behörden.

    Denn dAs muss man sich wirklich mal reinziehen: „Wiedergutmachung“ in der Folge einer „Herzkrankheit“, und die wiederum als Spätfolge eines „psychischen Schadens“, und der wiederum als Spätfolge eines „traumatischen Erlebnisses“, und das wiederum als Spätfolge einer Geburt als Jude in Shanghai – so eine Kausalkette ist doch an Lächerlichkeit und an Absurdität und an Dreistigkeit gar nicht mehr zu überbieten. (BTW, warum gibt es eigentlich keine adäquate Ãœbersetzung des rein jüdischen Wortes „Chuzpe“?)

    Kann es überhaupt einen Staat auf der Welt geben, der so dumm ist, sich auf diese Weise das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen.
    Eine Sache ist das Recht des Entschädigungsgesetzes. Eine ganz andere Sache ist es aber, dieses Recht zum Zweck der persönlichen Bereicherung zu verbiegen und zu beugen und zu missbrauchen. Die Juden in Deutschland wären gut beraten, einen Fall wie diesen nicht allzuweit publik zu machen. Denn Fälle dieser Art dürften gut geeignet sein, den in der deutschen Öffentlichkeit eh schon vorhandenen Antisemitismus noch mal kräftig zu befördern.

  2. Konnte Finkelgruen den Behörden überhaupt glaubhaft nachweisen, dass er eine „verfolgungsbedingte Herzerkrankung“ hat? Finkelgruen wurde 1942 als Sohn böhmischer Juden in Shanghai geboren. Bewusst hat der doch gar keine Verfolgung erleben können, geschweige denn, er ist davon herzkrank geworden. Ich hätte Finkelgruen am 09. November dazu gerne meine Meinung am Stelenfeld persönlich gesagt. Pfui deibel!

  3. Herzlichen Glückwunsch! Und kol ha-kawod.
    Leider kommt die „Wiedergutmachung“ nicht von Herzen. Deshalb sollten auch wir unsere Herzen nicht verschenken. Es ist eiskaltes Kalkül, das die Handlung der Berliner Behörden bestimmt. Damals wie heute.
    Nur, heute müssen sie einlenken, sonst müssten sie sich die Frage gefallen lassen, wie sie Millionen für ein dummes Mahnmal ausgeben und gleichzeitig Überlebende betteln lassen.
    Traurig und empörend!

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