Gedenken: Kommunismus ist nicht gleich Nazismus

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Am 1. September begeht Europa den 70. Jahrestag des Ausbruchs des 2. Weltkriegs, der den alten Kontinent und die ganze Welt mit unvergleichlicher Gewalt und Zerstörung überflutete. Der Einfluss dieses schrecklichen Kriegs ging weit über seine sechs tödlichen Jahre hinaus. In Europa schaffte er z.B. den Eisernen Vorhang, der über 40 Jahre zwischen dem demokratischen und kapitalistischen Westen und dem kommunistischen Osten trennte…

Eldad Beck, Deutschlandkorresondent von Israels größter Tageszeitung, Jedioth achronoth, kommentiert eine bedenkliche Entwicklung in der europäischen „Gedenkkultur“

Für die Hälfte der Menschen in Europa ging eine Schreckensherrschaft in die andere über, von der Tyrannei der Nazis und ihrer Kollaborateure zur kommunistischen Diktatur. Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus vor 20 Jahren bemüht sich Europa um die Schaffung einer einheitlichen kollektiven Erinnerung, die es dem Kontinent unter anderem ermöglichen soll, den 2. Weltkrieg „neutral“ zu betrachten.

Die osteuropäischen Staaten, die unter der Besatzung der UdSSR litten, bemühen sich unermüdlich darum, zwischen den Verbrechen der Nazis, darunter auch der Holocaust, und den Verbrechen der Kommunisten während und nach des Kriegs zu vergleichen. Mit der Zeit nimmt auch die Tendenz zu, die kommunistischen Verbrechen im Vergleich zu den Naziverbrechen überzubetonen, vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass die kommunistische Besatzung „länger gedauert“ habe.

Viele Deutsche verfolgen mit großem Vergnügen die neue „Opfergeschichte“, die sich in Osteuropa entwickelt, und fördern diese sogar, denn sie erschüttert die Einzigartigkeit des Nazismus und der Schoah. Der Vergleich zwischen Stalin und Hitler, zwischen den NS-Vernichtungslagern und den kommunistischen Konzentrationslagern in Sibirien, zwischen dem Holocaust und der Vertreibungs- und Wiederansiedlungspolitik Moskaus, macht den Nazismus fast zur „Norm“, zu einem Teil des „Zeitgeistes“ jener Ära.

Und so nahm dieses Jahr der Kampf um die Verewigung des 23. August eine zentrale Rolle bei den Bemühungen ein, die europäische Geschichte umzuschreiben, und zwar so, dass der Nazismus in die „richtigen Proportionen“ gesetzt wird. Am 23. August, nächste Woche vor 70 Jahren, unterschrieben die Außenminister des 3. Reichs und der Sowjetunion, Ribbentrop und Molotow, einen gegenseitigen Nichtangriffspakt, in dessen geheimen Paragraphen beschlossen wurde, sich Polen und die drei baltischen Länder zu teilen. So sicherte sich Hitler das Schweigen Russlands. Einige Tage später griffen seine Truppen Polen an, was den Ausbruch des Krieges zur Folge hatte.

Unter dem Druck der osteuropäischen Länder forderte das europäische Parlament im letzten April, diesen Tag zum gesamt-europäischen Gedenktag für die Opfer totalitärer Regime aller Art zu erklären. Anfang Juli forderte die parlamentarische Versammlung der OSZE, den Tag zum Gedenktag der Opfer des Stalinismus und des Nazismus zu erklären, in dieser Reihenfolge. Die Versammlung, die in Vilna zusammentrat, erklärte, die UdSSR und Nazideutschland seien zu gleichen Teilen für den Ausbruch des Kriegs verantwortlich.

Hier handelt es sich um revisionistische Initiativen. Es gibt keinen Zweifel daran, dass Stalin und seine Nachfolger Mörder und Verbrecher waren. Aber mit dem Versuch, Kommunismus und Nazismus zu vergleichen, tragen die osteuropäischen Staatenallen voran Estland, Lettland und Litauen- nicht zum Verständnis der Geschichte bei, sondern verzerren sie. Jene Völker ziehen es vor, die Scheinwerfer auf die Verbrechen anderer zu richten, anstatt sich mit ihren eigenen zu befassen: Kollaboration mit den Nazis, Massenmord an den Juden und Raub ihres Eigentums, das bis heute nicht zurückgeführt wurde.

In den osteuropäischen Staaten blüht diese Tage auch eine starke Nostalgie für den Nazismus auf. Eine Vielzahl von SS-„Souvenirs“, die in China hergestellt werden, werden auf den Flohmärkten in Sofia verkauft, ein rumänischer Bürgermeister tritt bei einer Modeschau in einer Naziuniform auf, Neonazis halten Paraden in Slowakien, Tschechien und Serbien ab.

Wenn Europa einen symbolischen Tag für die Opfer des Faschismus, des Nazismus und des Kommunismus wählen will, dann einen Tag, der keinen latenten politischen Zielen dient. Den 26. April, z.B., der Tag des Angriffs der Nazis auf die spanische Stadt Guernica.

13 Kommentare

  1. DDR wird zu Unrecht als Fortsetzung des NS-Staates gesehen

    Hans-Joachim Maaz (Halle) hat die Diskussion zu psychischen Befindlichkeiten im vereinigten Deutschland erneut öffentlichkeitswirksam per Spiegel-Interview angestoßen. Vertiefende Betrachtungen zum Thema leistet die Ost-West-Tagung der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung in Jena am 4./5. September.

    Die Nervenärztin Dr. Irene Misselwitz (Jena) schrieb 1994 in den Psychologischen Beiträgen u.a.: “Für mich trifft die Metapher ´Geschwisterstreit´ am besten die Situation. Die ostdeutschen Geschwister sind nach Jahren der Verbannung in die Familie, zu der sie schon immer gehört haben, zurückgekommen und fordern den ihnen zustehenden Anteil. Nach unserem Eindruck erleben viele Westdeutsche die Vereinigung als Störung und Eindringen in die Behaglichkeit der alten Bundesrepublik, die sich in den letzten Jahren so stark verändert.
    Es gibt viele indirekte Äußerungsformen, die erst nach einer Weile spürbar werden und schmerzhaft sind, wie z.B.:´Frau Misselwitz, Sie können alles sagen, Sie haben doch Deppenrabatt.´
    Immer wieder wird den Ostdeutschen verdeutlicht, dass sie unerwünscht sind, dass man sich ihrer schämt und Gemeinsamkeiten – wie z.B. die Geschichte vor 1945 – leugnen möchte. Die DDR wird von vielen zu Unrecht als Fortsetzung des NS-Staates angesehen. Damit werden alte Schuldgefühle einseitig auf den Osten projiziert.”

    Hat sich der Diskussionsstand inzwischen verändert? Irene Misselwitz und KollegInnen aus Ost wie West wollen die Fragen während der Ost-West-Tagung vertiefen.

    Tagungsprogramm: http://www.psychoanalyse-jena.de

  2. @roccu: Niemand unterstellt jedem einzelnen Deutschen eine spezifische Schuld am Holocaust. Das Bewusstsein für die Schuld des deutschen Staates an den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs und der Verantwortung der Bevölkerung als (freiwilliger oder unfreiwilliger) Teil eben dieses Verbrecherstaates hat sich schon lange tief ins kulturelle Bewusstsein der Deutschen eingegraben und stellt mittlerweile sogar einen Bestandteil der bundesdeutschen (leider nicht der österreichischen) Kultur dar. Dieses Bewusstsein wird aber weniger in Form von ständigen „mea-culpa“-Bekundungen ausgelebt, sondern eben in Form von Ermahnen. Denn wie Sie richtig bemerkt haben, haben die Nachgeborenen kaum etwas mit den Verbrechen der Nazis zu tun, sie können nur mahnen und dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr geschehen wird.
    Eben so ein Bewusstsein der Verbrechen, die im Namen des eigenen Staates und des eigenen Volkes begangen wurden, gibt es sonst kaum irgendwo auf der Welt und das ist sehr schade.
     
    @willow: Fällt Ihnen auf, dass Sie mir nicht widersprechen, sondern meine Meinung bestätigen? 🙂 Deutschland ist das beste Beispiel dafür, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit nicht zum Verlust der nationalen Identität oder zur Erosion der eigenen außen- und innenpolitischen Position führt. Das deutsche Beispiel führt sehr deutlich vor Augen, dass die Befürchtungen der selbsternannten Patrioten, dass der eigene Staat durch die Vergangenheitsbewältigung Schaden nehmen könnte, unbegründet sind. Und deswegen sollte Deutschland die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit in den osteuropäischen Staaten nach Möglichkeiten fördern, nicht zuletzt weil es sonst wohl kaum jemand tun wird. Dass Deutschland diese Aufgabe nicht selbst übernehmen kann und sollte, ist klar.

  3. „Aber mit dem Versuch, Kommunismus und Nazismus zu vergleichen, tragen die osteuropäischen Staatenallen voran Estland, Lettland und Litauen- nicht zum Verständnis der Geschichte bei, sondern verzerren sie.“
    Entschuldigung, aber vergleichen darf ich alles. Die Frage ist, ob ich gleichsetzen darf.
    Sehr schlechte Sprachbeherrschung in einem entscheidenden Punkt!

  4. Dimitri: „Ich finde, Deutschland sollte sich stark dafür einsetzen, dass ein dem deutschen ähnliches Geschichtsbild auch in Osteuropa angenommen wird, denn nur in Deutschland wird die eigene Schuld als Staatsideologie gepflegt. Der deutsche Weg scheint mir am besten dafür geeignet, die Verbrechen der Vergangenheit in Zukunft zu verhindern.“
     
    Finde ich nicht, ebenso, wie den Deutschen niemand die kritische Beschäftigung mit ihrer verbrecherischen Vergangenheit abnehmen kann, kann die Aufarbeitung der Verbrechen des Leninismus/Stalinismus nur von den jeweils Betroffenen geleistet werden… wenn heutzutage in Rußland wieder die harte Hand von „Väterchen“ Stalin verherrlicht wird und Versuche der Aufarbeitung der finsteren Seiten der Vergangenheit als „antirussisch“ bestraft werden, ist das nur anders als die Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus durch Ewiggestrige – nicht besser.
     

  5. @dimitri

    du erwähnst die schuld als staatsideologie in der brd.das sehe ich nicht als schuld an und ich sehe es auch nicht als schuld einiger generationen an.sehe es an das man soetwas an verbrechen niemals mehr geschehen soll das wir warnen und wachsam sind das sich so eine ideologie von damals nicht wiederholt.nehme es als mahnung aber nicht als schuld dieser generationen gerade das ist es was viele lieber vergessen mögen anstatt mahner zu sein , als bewacher zusein.schuld zufuegen die die es nicht zu verantworten haben laesst abweisung hervorstechen was auch zu wegschauen und nicht handeln veranlasst.lasst uns alle mahnen und bewachen den in unserer heutigen zeit passieren soviele ungerechte sachen und dinge auf der welt und der rest der menschen schaut weg.

  6. Da haben die Deutschen den Historikerstreit überstanden, in dem klar herauskam, dass das NS-Regime und der Stalinismus nicht vergleichbar sind, ganz unabhängig, wie mörderisch beide waren. Und jetzt fangen die osteuropäischen Länder von Neuem damit an. Dabei geht es aber auch um die Glorifizierung der eigenen Geschichte, da stören die dunklen Seiten natürlich, und deswegen wird gern auf die Verbrechen des Stalinismus abgelenkt. Es geht eben nicht darum zu erinnern, wie man die Ereignisse erlebt hat, sondern, die eigene Geschichte reinzuwaschen und den Nationalismus vergangener Zeiten, der auch antisemitisch war, zu legitimieren. Im Unterschied zu den meisten hier, weiß ich aus eigener Erfahrung, wovon ich spreche, ich bin selbst in Osteuropa aufgewachsen und habe diese Ideologie in meiner Schulzeit aufgenommen, erst in der Uni lernte ich die unangenehme Wahrheit. Ich finde, Deutschland sollte sich stark dafür einsetzen, dass ein dem deutschen ähnliches Geschichtsbild auch in Osteuropa angenommen wird, denn nur in Deutschland wird die eigene Schuld als Staatsideologie gepflegt. Der deutsche Weg scheint mir am besten dafür geeignet, die Verbrechen der Vergangenheit in Zukunft zu verhindern. Leider wird aber auch in Deutschland staatlicherseits nicht gern zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus/Stalinismus unterschieden und seit ersten Jahren der Bundesrepublik auf die Totalitarismustheorie ausgewichen.

  7. Weil einzelne Menschen Leid empfinden macht das die Verhältnisse noch nicht gleich oder um auch für so beschränkte Logiker (meine Begründung folgt) wie euch zu sprechen: weil Menschen Leid empfinden, wächst Stalin noch lange kein Hitlerbärtchen!
    Das Gewalt sich für die Einzelnen immer als Leid manifestiert ist die eine Sache. Da gibt es nichts zu Diskutieren. Aber weshalb das jetzt zum Maßstab (und das musstet ihr der Reihe nach geflissentlich ignorieren) für Kollektive Trauertage werden soll ist einfach nur absurd. Ihr habt kein Argument außer das Leid des Einzelnen, dass ihr für so einen europhilen Humbuck (es geht vor allem um den Schulterschluss der europäischen Völker und nicht um das Leid des Einzelnen Menschen!) höchstens instrumentalisiert.

    „interessanter Artikel, besonders für diejenigen, die unter beiden [nicht gleichen!]Verhältnissen gleich gelitten haben.“

    Das hier der Totalitarismus, für die Unfähigkeit diese System unabhängig voneinander begreifen zu können, herhalten muss und höchstens angebetet wird (da eine explizite Auseinandersetzung weshalb die Verhältnisse als gleichwertig zu behandeln sein leider unterlassen wurde, weil man glaubte es an der Einzelperson die darunter leidet definieren zu können) ist da nicht weiter verwunderlich. Da ihr jegliche objektive Wahrheit über die Systeme leugnet und sie auf die pure Gewalt reduziert, könnt ihr auch gleich vom Bombenholocaust in Dresden sprechen oder das Leid der Umgesiedelten Verbecher zum Völkermord (der in deren Ideologie gleich neben dem Holocaust steht) umdeuten, die auch litten als ihnen Kugeln um die Ohren flogen. Genau so wie jeder SS-Scherge litt, als man ihm einen Kugel durch den Kopf jagte.

    Im Übrigen tritt das Problem bei der Europäisierung der Trauer auf. Ich würde lachs behaupten, dass viele offizielle polnischen Stellen die Geschichte differenzierter sehen als ihre deutschen Stammtischapologeten es hier versuchen.

    Wenn man in Polen sich sowohl von den Roten, die überfielen und nicht halfen, geschliffen fühlt und gleichzeitig diese Epoche sich mit dem Nazismus überschneidet um dies als gleiches Leid empfindet, weil sich die Dinge in den Ereignissen bedingten, ist ein unterschied zu einem deutschen Schuldbewusstsein, dass seine Schuld relativiert in dem es etwas davon in den Osten verlagern kann, da die Einzigartigkeit eines jeden Verbrechens gegen die Menschlichkeit aufgeborchen werden würde. Man muss auch das Interesse der östlichen europäischen Staaten sehen, dass sich mit so einem Gedenktag eine europäische Abgrenzung von Russland erhofft, dass gerade von Deutschland als besserer Verbündeter betrachtet wird als seine Nato und Europapartner.

    Wie soll ein Nazi oder Deutscher um das selbe trauern wie ein Pole oder Tscheche? Es ist keine Globalisierung des Gedenkens an die Barbarei, es ist eine manifestierung der deutsch/europäischen Ideologie, die sich an solchen extremen Antikommunisten [@ ego: ich sprach von „den Roten“; ich denke das ist die blutrichtige Bezeichnung// Kommunismus war es ja bekanntlich nicht, da kennzeichnend für den Kommunismus ist dass er die Herrschaft über die Menschen durch die Herrschaft über die Dinge ablöst, dass war nicht der Fall, sonst könnte hier heute niemand so darüber reden] wie Tzvetan Todorov sich niederschlagen. Obwohl sie gegen „den Totalitarismus“ sind halten sie sinngemäß die Parole hoch: „Alles für Europa nichts für uns“, mit Rekurs auf Roussoau und für den Weltsouverän (Kant) (zu diesem Bedürfnis nach dem Weltsouverän gibt es interessante Texte von Gerhard Scheit, wenn ich mich nicht im Namen irre). Da diese europäischen Vordenker, zu denen auch Habermas, Derrida und der Rest von der „Europa Erwache“ Initiative (das damalige Gegenstück zum Biref der 8, der genau so dumm dreist und europäisch war) gehören, vor allem Antiamerikaner sind (somit mitunter Gegner der Zivilgesellschaft und des verfassungpatriotismus und Freunde des europäischen Gemeinschaftspatriotismus), bleibt ihnen kein Interesse an dem Einzelnen, wenn sie auch noch gegen den Messianismus bzw. die Utopie des Kommunismus reden, wie der übelste Dorfnazi, der ihrem Wissen darüber in nichts nachsteht.

    Der Artikel ist richtig, jedoch ist nicht nur der Erinnerungsdiskurs beängstigend, sondern auch die Ausrichtung der europäischen Gemeinschaft, welche dieses Moment als Instrumentarium beinhaltet. Wie weit dieses Bewusstsein über die Verbrechen, (deren Erfahrung laut Habermas den europäischen Menschen besonders moralisch machen; weit vor den Amerikanern, die ja eigentlich nichts davon erfahren haben, als sie gezwungen wurden Hitler die Stirn zu bieten und wie die Reaktionen auf Hitleranspielungen der Polen zeigten, haben auch diese keine Moral aus Nazideutschland gezogen….) die auf Europas Boden stattfanden reicht, sieht man spätestens dann, wenn ganz Deutschland die Kaczinskis als die wahren Größenwahnsinnigen hinstellen, weil sie immernoch was gegen Deutschland und seine Hitlerzeit haben und sich nicht von Russland diktieren lassen wollen, was sie militärisch auf ihrem Territorium hinstellen oder nicht.

    @  Dani und  David: Ein unlösbares Rätsel im Geiste Gershom Scholems: wie sollen die Überlebten und die Nachgeborenen das Leid der Toten in einem Trauertag verbalisieren, wenn diese doch kein einziges Wort mehr an uns richten können?

    Das ist zynismus: “Es macht keinen Sinn krampfhaft an einer allgemeingültigen Sichtweise festzuhalten oder anderen die eigene aufzuzwingen.” Oder führst du etwa die Verhandlungen mit den Toten über ihre Sichtweise, dass du dir sowas raus nimmst?

  8. @Dani: „Es ist die Geschichte wie diese Völker es sehen.
    Für viele Menschen war der Stalinismus genauso mörderisch wie der Nazismus und dauerte noch länger.
    Die Shoah ist der Zentralpunkt für die Juden, das ist ihre Geschichte!“

    Dani, Ihr Beitrag ist mit das Beste von dem, was ich in vielen Kommentaren gelesen habe.
    Die Sicht einer Historie ist stets subjektiv. Bei diesem Thema kann es meiner Meinung nach überhaupt keine Objektivität geben.
    Aus diesem Grund wird man als Betroffener die eigene Geschichte menschlich verständlich anders wahrnehmen als Außenstehende.
    Das eigene Schicksal oder dasjenige von Angehörigen des eigenen Volkes wird wohl immer als etwas empfunden werden, was man als „singulär“ bezeichnen geneigt ist.
    So werden bspw. überlebende Azteken den Genozid durch spanische Verbrecher anders beurteilen als den Mord an Juden im Dritten Reich. Macht sie das nun zu Antisemiten, Relativierern?
    Nein, natürlich nicht!

    „Es macht keinen Sinn krampfhaft an einer allgemeingültigen Sichtweise festzuhalten oder anderen die eigene aufzuzwingen.“

    Ihr Wort in G’ttes Ohr!!
    Aber das wird nicht passieren.
    Wir werden es an den nachfolgenden Kommentaren sehen …

  9. Danke, haGalil, dass Ihr sowas bringt. Ein notwendiger Artikel, der die sog. Totalitarismustheorie scharf geißelt und aufzeigt, wozu sie erdacht wurde: um die in ihrer Gesamtheit unvorstellbaren Verbrechen des Hitlerstaates zu relativieren, was sonst.

    Kritiker dieses Arguments kommen immer gleich mit den zig-Millionen Toten der Stalin-Ära, weit vor dem Hitler-Stalin-Pakt. Man stelle sich jedoch vor, es wäre umgekehrt gewesen: Hitler hätte über ein Heer von Menschen in der Größe der USR geherrscht – die Zahl der Ermordeten noch vor Guernica wäre ungleich größer gewesen. Davon ab soll anscheinend unter den Teppich gekehrt werden, wer denn die Hauptlast bei der Beendigung des II.Weltkrieges in Europa trug.

    Die unrühmliche Rolle osteuropäischer Länder ist interessant, aber unmittelbar verstehbar, denkt man an die Kooperation von vielen mit der Nazi-Wehrmacht: war doch garnicht so schlimm. Oder so. Ihre Mitwirkung (außer Bulgarien) hat die Abtransporte der meisten der jüdischen Opfer in die Vernichtungslager erst ermöglicht; ein Phänomen, das allerdings auch besonders in Frankreich und Italien zu beobachten war.

    Nur gegen Eins hätte ich einen Einwand: die Verwendung des Wortes Kommunismus. Ein vielfältig verwendeter Ideen-Begriff, der alles und jedes bezeichnet: vom frühen Christentum über die klassenlosen Gemeinschaften sog. „nicht zivilisierter Völker“ über philosophisch begründete Theorien über diverse, immer revolutionär beginnende Verwirklichungsversuche (in weitem Sinne waren die Bauernkriege, dann aber die Französische Revolution nicht frei von kommunistischen Ideen!) vor Allem frühindustrieller Gesellschaften – als Gegenentwurf zum Kapitalismus – bis hin zu eben diesem Artikel. Stimmig wäre es nur, wenn man genau wüsste, was der Autor exakt gemeint hat: jedenfalls spricht er verschiedentlich von „kommunistischen Verbrechen“, vom „Zusammenbruch des Kommunismus“, vom Gegensatz „kapitalistischer Westen“ und „kommunistischer Westen“: im Kontext ist klar, was er meint, unterscheidet nicht zwischen Kommunismus und Stalinismus, der die Ideen zum Weg zum K. zur Untermauerung einer menschenmissachtenden, autoritäten Herrschaft nutzte. Das geht SO nicht, entwertet den Artikel.

    Etwas mehr Präzisierung, bitte.

    ego

  10. Also ich würde es begrüßen, wenn neben den Gedenktagen, die an die zahllosen Verbrechen des Nationalsozialismus, insbesondere den Holocaust, erinnern -und die ja nicht abgeschafft werden sollen!-, an einem Tag wie dem 23. August aller Opfer aller Arten von Totalitarismus gedacht wird…
     

  11. Es ist die Geschichte wie diese Völker es sehen.
    Für viele Menschen war der Stalinismus genauso mörderisch wie der Nazismus und dauerte noch länger.
    Die Shoah ist der Zentralpunkt für die Juden, das ist ihre Geschichte!
    Es macht keinen Sinn krampfhaft an einer allgemeingültigen Sichtweise festzuhalten oder anderen die eigene aufzuzwingen.
    Das schafft nur böses Blut und erneute Feindseligkeiten. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen das nichts, aber auch gar nichts Gutes bringen kann.
    Bitte lassen sie die Völker diese Zeiten erinnern wie diese sie erlebt haben. Jedes Volk für sich, nur das zählt.

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