Aussenminister Liebermann: „Diplomaten, die nicht auf der Linie der Regierung liegen, müssen zurücktreten“

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Israels Außenminister Avigdor Liebermann richtete sich diese Woche mit einer scharfen Botschaft an die israelischen Diplomaten in Israel und im Ausland. Er machte dabei klar, dass er von jedem Einzelnen klare Gefolgschaft erwarte. Wer nicht in der Lage sei, die Linie der neuen Regierung zu vertreten, solle unverzüglich zurückzutreten…

In haArez berichtet Barak Ravid über die geplante Entfernung regierungskritischer Diplomaten aus dem Außendienst

Nachdem Nadav Tamir, israelischer Generalkonsul in Boston, sich kritisch zur US-Politik der Netanjahu-Regierung geäußert hatte, machte Liebermann in einer Sitzung der Abteilungsleiter seines Ministeriums klar, dass er Abweichler nicht dulden werde. Tamir selbst wurde unverzüglich nach Israel beordert, wo es zu einem klärenden Gespräch mit Jossi Gall, dem Generaldirektor des Außenministeriums kommen soll.

Die leitenden Angestellten des Ministeriums schwiegen. Laut einem Bericht in haArez wagte es keiner Lieberman etwas zu erwidern oder Tamir zu verteidigen. Barak Ravid berichtete aber, dass die jüdische Gemeinde in Boston in einem Artikel im „Boston Globes“ Liebermann dazu aufrief, den Diplomaten nicht zu entlassen.

Bei der Sitzung sagte Liebermann weiter, mit seiner Kritik habe Tamir seine Befugnisse überschritten: „In jedem demokratischen Staat gibt es eine klare Trennung zwischen der professionellen und der politischen Ebene“, so Avigdor Liebermann, Chef der Partei „Unser Haus Israel“, die vor allem von rechtsradikalen russischen Einwanderern unterstützt wird. „Entscheidungen werden von der politischen Ebene getroffen, die professionelle Ebene muss sie umsetzen. Die Politik dieser Regierung ist völlig anders als die der Vorgängerregierung. Darum wurde sie auch gewählt. Die Öffentlichkeit wusste genau, wen sie wählt, und mit allem Respekt vor dem Konsul, der die professionelle Ebene repräsentiert – es ist nicht seine Aufgabe, politische Standpunkte zum Ausdruck zu bringen und Kritik an der politischen Ebene zu üben“, so Liebermann weiter.

Insbesondere habe den Außenminister die Art und Weise der Kritik aufgebracht. Wer meine, er müsse Kritik äußern, der solle dies im geschlossenen und internen Rahmen tun. Tamir habe aber von Anfang an die Öffentlichkeit gesucht. Aus der Anrede in seiner Rundmail, in der der Konsul „alle User“ ansprach, gehe hervor, dass die Absicht bestand, die Medien mit einzubeziehen.

Wenn Konsul Tamir Bedenken vortragen wollte, dann hätte er sich an den Generaldirektor, an den Minister direkt oder an den stellvertretenden Minister wenden müssen: „Wenn jemand nicht mit der politischen Linie der Regierung leben kann, dann muss er zurücktreten. Das erwarte ich von jedem Vertreter der professionellen Ebene“, so Liebermann.

Ofir Pines, Knesetabgeordneter der Arbeitspartei (Awodah) wandte sich mit einem Schreiben an den Vorsitzenden des Außen- und Sicherheitskomitees, Zachi Hanegbi (MdK der Kadimah, vorher Likud) und bat ihn darum, eine dringende Sitzung zur Affäre einzuberufen. Pines sagte, die Aufforderung Liebermanns an Tamir, zurückzutreten, sei „absurd“. Pines fügte noch hinzu, es wäre besser, wenn Liebermann selbst zurücktreten würde.

7 Kommentare

  1. Ob man Herrn Liebermann mag oder nicht:
    Ein Generalkonsul ist (Verwaltungs-)Beamter im auswärtigen Dienst. Er hat genau definierte Aufgaben zu erfüllen. Er ist weder Diplomat (wie ein Botschafter), noch ist – z.B. – das Konsulat außerhalb Israels exterritoriales Gebiet (wie z.B. eine Botschaft). Das nur zur Info.

    Doch eines haben Botschafter und Generalkonsul gemeinsam: Sie sind Interessenvertreter ihres Heimatstaates – nicht ihrer selbst. – Das ist keine Frage der Demokratie, sondern eines – hier auch noch beonderen – Dienstverhältnisses. Und der Dienstherr ist nun einmal der Außenminister – und somit die Regierung. Es ist weder Aufgabe noch das Recht eines Generalkonsuls, seine Regierung/seinen Dienstherrn öffentlich zu kritisieren – oder sich sogar gegen ihn/sie zu stellen. Wo kämen wir hin, auch in allen anderen demokratischen Ländern, wenn die Beamten im Auswärtigen Dienst nur ihre eigenen Interessen vertreten würden! – Auch die Demokratie bedarf Regeln und Ordnungsprinzipien.

  2. Der Punkt ist doch, das ein Botschafter eben nicht seine Meinung, sondern die seiner Regierung zu vertreten hat. Im übrigen ist es -. auch in unserer Demokratie – gängige Praxis in entsprechenden „Tendenzbetrieben“ zu verfahren, so ist es zB. rechtsgültig, wenn ein Abgeordneter oder eine Partei, hauptamtliche Mitarbeiter entlässt, wenn diese Mitglied einer konkurrienden Partei werden.
    Ist das Problem jetzt, das hier eine gängige Praxis der meisten demokratischen Staaten praktiziert werden soll, oder ist das Problem der Absender, den man nicht mag?

  3. @willow
    Hmmm… was meinst Du mit „angreifen“? Wenn das Beharren auf einer eigenen Meinung schon bedeutet, man greift als Botschafter seine Regierung an – hat das mit Demokratie und Meinungsfreiheit nichts zu tun. Eine Botschaft bzw. diplomatische Vertretung ist keine Propagandazentrale.

  4. Oho! Wo haben Sie denn Demokratie gelernt? Höre ich da den Ossi, der meint, so wie es mal war, müsse es immer sein, und überall?

    Lange suchen muss man nicht. Ich kann mich erinnern, dass erst vor kurzem der deutsche Botschafter in Tel Aviv, Verständnis für die scharfe kampagnenartige Kritik gegen die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Frau Langer zeigte und damit auch die Entscheidungg zur Verleihung „angriff“.

    Was Sie schockiert Willow, ist gängige Praxis in demokratischen Gesellschaften. So verstehe ich auch Herrn Pines.

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