Netanjahu riskiert Bruch mit den USA

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Der Bau einer jüdischen Wohnanlage in Ost-Jerusalem verärgert Washington – angeblich kürzen die USA nun ihre Finanzhilfen…

Von Thorsten Schmitz, Tel Aviv
Süddeutsche Zeitung v. 21.07.2009

Der Streit zwischen den USA und Israel über den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland und im arabischen Ostteil Jerusalems spitzt sich zu. Wie die Zeitung Jediot Achronot am Montag berichtete, wurde der Kontakt zwischen Washington und Jerusalem auf „ein Minimum“ zurückgeschraubt.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu habe derzeit „keinen direkten Draht“ zu US-Präsident Barack Obama. Stattdessen führten Israels Verteidigungsminister Ehud Barak und der US-Sondergesandte George Mitchell Gespräche. Das israelische Wirtschaftsblatt Calcalist meldete, die USA beabsichtigten als „Strafe wegen des Siedlungsbaus“, Israel bis zum Jahr 2011 eine Milliarde Dollar weniger an Kreditbürgschaften zur Verfügung zu stellen: statt 3,8 Milliarden nur 2,8 Milliarden Dollar.

20 Wohnungen, die neuen Streit auslösen

Jediot Achronot zitierte mehrere besorgte Minister Netanjahus, wonach die Spannung zwischen Washington und Jerusalem die traditionell engen israelisch-amerikanischen Beziehungen stark beschädigen könnten.

Als Beleg für die zunehmenden Irritationen wurde auch Mitchells Reise nach Israel genannt, die ohne Angabe von Gründen auf kommende Woche verschoben worden war. Zudem würden Netanjahus Aussagen vom Sonntag zum Bau einer jüdischen Siedlung im Ost-Jerusalemer Stadtteil Scheich Dscharach von den USA als „Kampfansage“ gewertet.

Netanjahu habe mit Absicht den Bau von 20 Wohnungen angekündigt, um einer Aufforderung der USA nach einem Baustopp in Ost-Jerusalem zuvorzukommen, hieß es. Die US-Regierung hat seit dem Amtsantritt von Obama Israel mehrmals zu einem kompletten Stopp des Ausbaus von Siedlungen im Westjordanland aufgefordert.

Jüdische Siedlungen im Osten Jerusalems waren dabei bislang nicht explizit genannt worden. Im 1967 von Israel eroberten Westjordanland leben derzeit rund 2,5 Millionen Palästinenser und etwa 300.000 jüdische Siedler in 121 Siedlungen und etwa 100 sogenannten Außenposten.

Brüske Zurückweisung

Im Ostteil Jerusalems leben etwa 250.000 Palästinenser und 200.000 jüdische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen den arabischen Ostteil Jerusalems als Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaates.

Alle israelische Regierungen dagegen haben seit der Eroberung und späteren Annektierung Ost-Jerusalems im Juni 1967 klargemacht, dass Jerusalem „auf ewig“ unteilbar bleiben solle.

Netanjahu hatte am Sonntag eine Forderung der US-Regierung zum Baustopp in Scheich Dscharach brüsk zurückgewiesen und in überraschend undiplomatischen Worten erklärt: „Das vereinigte Jerusalem ist die Hauptstadt des jüdischen Volkes und des Staates Israel. Wir können die Idee nicht akzeptieren, dass Juden nicht das Recht haben sollen, in allen Teilen Jerusalems zu leben und Land zu kaufen.“

Zuvor war bekannt geworden, dass der israelische Botschafter in den USA, Michael Oren, zu einem Gespräch in der Siedlungsfrage ins US-Außenministerium einbestellt worden war.

Dabei sei die eindeutige Forderung der USA übermittelt worden, die geplanten Bauaktivitäten im Bereich des früheren Shepherd-Hotels im Scheich-Dscharach-Viertel zu stoppen.

Israel habe dies jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich um ein privates Bauprojekt. In seiner ersten Amtszeit als Premierminister in den Jahren 1996 bis 1999 hatte Netanjahu etwa 20.000 Wohnungen in der jüdischen Siedlung Har Homa im Osten Jerusalems errichten lassen.

Überrascht von der Reaktion Washingtons

Israelische Medien berichteten am Montag, Netanjahu habe die Forderung der USA auch nach einem Baustopp in Ost-Jerusalem überrascht, schließlich habe er Obama in einem Gespräch in Washington im Mai klargemacht, dass Jerusalem keine jüdische Siedlung sei.

Der jüdische US-Millionär Irwin Moskowitz hatte vor drei Monaten eine Genehmigung von der Jerusalemer Stadtverwaltung bekommen, auf der Anlage des früheren Shepherd-Hotels 20Wohneinheiten zu errichten. Er hatte das Gebiet mit dem leerstehenden Hotel 1985 gekauft. Den Bauplänen zufolge soll das Hotel renoviert werden, auf dem Areal sollen Luxuswohnungen entstehen.

Der Streit um den Ausbau von Siedlungen hat Vertreter der Palästinenserregierung dazu veranlasst, sich pessimistisch zu einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zu äußern.

Chefunterhändler Saeb Erekat sagte am Montag, Netanjahu habe zwar von einer Zwei-Staaten-Lösung gesprochen, „aber so viele Bedingungen daran geknüpft“, die die Palästinenser nicht erfüllen könnten. Netanjahu hatte unter anderem von den Palästinensern verlangt, Israel als Staat der Juden anzuerkennen. Dazu sind diese nicht bereit, bevor nicht eine Einigung in der Frage über ein generelles Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge erzielt worden ist.

Kritik aus Berlin

Die Bundesregierung warf Israel am Montag vor, die Friedensbemühungen im Nahen Osten zu behindern. „Wir sehen den fortgesetzten Siedlungsbau mit großer Sorge“, sagte Außenamtssprecher Jens Plötner. Der Bau von Siedlungen schaffe Fakten, die eine Einigung erheblich erschwerten.

Aus Rache für die Auflösung eines nicht genehmigten jüdischen Außenpostens im Westjordanland haben mehr als 30 Siedler am Montag Felder von Palästinensern in Brand gesetzt. Die israelischen Streitkräfte hatten zuvor den Außenposten aufgelöst.

Mit freundlicher Genehmigung der Süddeutschen Zeitung und der DIZ München GmbH.

4 Kommentare

  1. “Wir sehen den fortgesetzten Wunsch die Juden zu Vernichten mit großer Sorge”
    Da schreibt dann wohl die globalisierte Welt, die ein Problem damit hat, dass man sich irgendwo ein Haus kauft.  Stimmt, es ist ja die heilige Stadt. Wann ist eigentlich endlich wieder Tibet in?
    Im übrigen, Adrian, hat Antiamerikanismus und Antisemitismus nichts – ich weis, es interessiert dich nicht die bohne – mit der realen Person zu tun, auf die er sich meint zu beziehen. Deine Erklärung ist nicht Vernünftig, sie ist antisemitisch, weil sie genau diesen Punkt nicht verstehen will.
    @Ben: um zu deinen Kritikern gehören zu dürfen, müsstest du erst einmal einen Aussagekräftigen Satz aus den Fingern bekommen.
    Mit Netanjahu ist zumindest jemand am Wort, der dem stumpfen Wahn eines Abbas oder der Hamas mit der entsprechenden Unzeitlichkeit Antwortet und diese Spinner, ohne Rücksicht auf Verluste, nicht so ernst nimmt. Er sollte, wie es Obama tut, zum palästinensischen Volk sprechen, denn es repräsentiert sich selber in mordlustigen Banden, statt wie alle Welt so zu tun als gäbe es irgendeine ernstzunehmende politsche Institution in Judäa und Samarien.

  2. kommentar zum artikel :

    WOW – Juden werden diese WELT zerstoeren! _ ich hoffe euer Messias – zeigt sich vor dem Knopfdruck!
    Es kommt wie es kommt – und Mr. Netan – wie auch immer der heisst -  wird uns den Weg zeigen – verblendet wie er ist!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!1

    Als Mediziner kannst du nur zuschauen wie Menschen vedampfen und na klar – sterben werden!
    PS:
    Ich habe die Globalisierte Welt ueber 20 Jahre mit aufgebaut – und erkenne heute, das es nur zu schnellerem Untergang der Erde beitraegt!

    Shalom – auch fuer meine Kritiker!
     

  3. Solange es in einer zunehmend globalisierten und durchmedizinalisierten Welt immer noch individuelle Körper gibt, die glauben, sich AUCH NOCH (über ihr individuelles körperliches Dasein hinaus) als “Juden” oder “Amerikaner” bezeichnen zu können, solange wird es auch noch “Antisemitismus” und “Antiamerikanismus” geben.

    Schon erstaunlich, was für eine atavistisch-religiöse Frechheit bzw. ideologische Veraltetheit (in einer globalisierten Welt!!!!!) dazugehört, sich über das eigene individuelle körperliche Dasein hinaus (mein Körper z.B. heisst einfach XY_23hsp_xabb.cd_25-9888.acc.amy-ch-5HT-wwxx4x-66c.b) auch noch “sozial” definieren zu müssen (”ich bin Jude!”, “ich bin Deutscher” etc.).

    Also: diejenigen, die immer noch glauben sich als “Juden”, “Deutsche” etc. bezeichnen zu können, gehören nicht in eine globalisierte Welt, sondern vielleicht in das veraltete 19. Jh….

    In was für einer idiotischen Welt mit Volltrotteln muss ich denn (als objektiver Mediziner) leben? Immer noch im 19. Jh??

    Kommentar von adrian — 21. Juli 2009 @ 20:09

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