Der Koran und die Juden (2): Von Ibrahim, Dawud und Suliman

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Im vorherigen Teil unserer Serie „Der Koran und die Juden“ ging es um Entstehung, Aufbau und versch. Interpretationen zur Entstehungsgeschichte des Koran…

Miriam Magall

4. Die biblischen Vorläufer

Welche Elemente nun hat Mohammed der Hebräischen Bibel entnommen? Da wäre zum einen der Monotheismus — in Mohammeds altarabischer Welt wimmelte es von vielerlei Göttern und Geistern.[9] Auch die eschatologischen Vorstellungen sind für Mohammeds Zeitgenossen etwas völlig Neues, genau wie auch das gottesdienstliche Gebet, sogar den Namen für Gebet, Salt, hat er aus dem Aramäischen übernommen.

4.1  Die Schöpfung, Adam und Noach

Erst in Sure  21,31; in Sure 32 und dann noch einmal in Sure 41,8–11 spricht der Koran von der Erschaffung von Himmel und Erde. Beide und was zwischen beiden ist, erschafft Allah gemäß Sure 32,3 innerhalb von sechs Tagen. Danach setzt er sich auf den Thron. Der Mensch zählt einen Tag Allahs wie tausend Jahre (Sure 32,4). Es ist eine etwas andere Schöpfungsgeschichte als die aus 1. Mose 1 bekannte. Den Menschen bringt er aus Ton hervor und auch das: „Alsdann bildete er seine Nachkommen aus Samen aus verächtlichem Wasser“ (Vers 7). Die Menschen danken es ihm aber nur wenig, und sie bereuen nichts. Deshalb verspricht Allah: „So schmecket denn (die Strafe) dafür, dass ihr die Begegnung mit diesem euerm Tag vergaßet. Siehe, wir haben euch vergessen; schmecket denn die ewige Strafe für euer Tun“ (Vers 14).

Auch das klingt irgendwie bekannt: Adam bewohnt mit seiner Frau den Garten, d.h. das Paradies, und sie haben in Hülle und Fülle zu essen, nur von dem einen Baum dürfen sie nicht essen (Sure 2,33). Vorher schon hatte Allah Adam die Namen aller Dinge gelehrt (Sure 2,29). In der Hebräischen Bibel ist das die Tat des ersten Menschen, Adam (1. Mose 2,20). Außerdem hieß er die Engel, sich vor Adam niederzuwerfen, was sie auch taten — bis auf Iblis, womit Satan gemeint ist.

Satan lässt Adam und seine Frau gemäß Sure 2,35 das Verbotene tun, woraufhin sie aus dem Garten vertrieben werden. Außerden werden sie dazu verurteilt, jeder der Feind des anderen zu sein und auf der Erde zu wohnen. Darüber hinaus wird ihnen angedroht, „des Feuers Gefährten“ zu werden, d.h., sie kommen ins Höllenfeuer, wenn sie nicht glauben und Allahs Zeichen verleugnen. Diese beiden letztgenannten Elemente kommen in der Hebräischen Bibel in diesem Zusammenhang nicht vor, sind also eine Zutat Mohammeds zum ursprünglichen Bibeltext.

Gleich nach dem Bericht über die zwölf Kundschafter macht der Koran in Sure 5,30–36 zurück einen Sprung zu Adam und seinen beiden Söhnen, von denen der eine den anderen erschlägt, nur, weil sein Opfer nicht angenommen wurde. (Es ist das einzige Mal, dass diese beiden im Koran erwähnt werden.) Im Anschluss an die Schilderung dieser Tat macht der Koran wiederum eine Anleihe beim jüdischen Schrifttum, sagt er doch: „Aus diesem Grunde haben wir den Kindern Israel verordnet, dass wer eine Seele ermordet, ohne dass er einen Mord oder eine Gewalttat im Lande begangen hat, soll sein wie einer, der die ganze Menschheit ermordet hat. Und wer einen am Leben erhält, soll sein, als hätte er die ganze Menschheit am Leben erhalten“ (Sure 5,35–36). Diese Aussage zitiert einen der wichtigsten Grundsätze des Judentums.

Zu Beginn von Sure 7 geht es im Koran noch einmal zurück zur Erschaffung von Adam und den Engeln, die sich auf Allahs Geheiß außer Iblis, dem (islamischen) Satan, vor Adam niederwerfen (Sure 7,10). Zur Strafe verstößt Allah ihn. Adam und sein Weib werden dagegen von Allah ins Paradies geschickt, wo es auf Iblis‘ Verführungskünste hin zum bestens bekannten Sündenfall und seinen Folgen kommt (Sure 7,19–23).

Auch Noach wird im Koran nicht vergessen. Von seinen Taten und seiner Arche wird ausführlich in Sure 11,27–51 berichtet. Als Noach die Menschen zur Umkehr ermahnt, wovon auch die Hebräische Bibel spricht (1. Mose 6,13–24; 7,1–24 und 8, 1–18), erntet er nichts als Spott. Der Rest der Geschichte ist zu bekannt, als dass sie hier wiederholt werden müsste, mit einer kleinen Abweichung: Noach fordert seinen Sohn auf, mit ihm in die Arche zu steigen. Dieser zieht es jedoch vor, auf einen Berg zu steigen. Dort ertrinkt er (Sure 11,44–45).

Sure 20 schildert in den Versen 114 bis 125 den Bund, den Allah mit Adam schließt, den dieser aber vergisst. Denn er isst von der verbotenen Frucht des Baumes und wird sehend.

Sure 23, die die Überschrift „Die Gläubigen“ trägt, handelt wiederum von Noach. Darin wird ihm, heißt es, befohlen, eine Arche zu nehmen und von allen Gattungen ein Paar hineinzunehmen. Noach folgt getreulich den Befehlen Allahs und lobt ihn (Verse 23 bis 30).

Sure 25,105–120 wierderholt den Bericht darüber, wie Noach vor das Volk tritt und es ermahnt, Allah zu fürchten und zu gehorchen. So steht es auch in der Hebräischen Bibel. Bei Mohammed kommt als neues Element hinzu, dass sie ihn der Lüge bezichtigen und drohen, ihn zu steinigen. Noach ruft Allah zum Richter an, der beschließt, ihn mit allen Wesen in der Arche zu erretten, während der Rest ertränkt wird.

In Sure 29 ist zu erfahren, dass Noach tausend Jahre weniger fünfzig Jahre unter seinem Volk verweilte. Danach kommt die Sintflut, und nur Noach und alle, die in der Arche sind, werden gerettet (13–14).

Sure 54 zählt jene auf, die von ihrem Volk der Lüge bezichtigt werden. Dazu gehört auch Noach: Das Volk nennt ihn einen Lügner. Zur Strafe öffnen sich die Tore des Himmels und aus der Erde brechen Quellen hervor. Nur Noach wird auf dem Schiff aus Planken und Nieten gerettet.

Sure 71,1–29 befasst sich ausschließlich mit Noach. Auch in dieser Sure ermahnt er sein Volk zur Umkehr, es will jedoch nichts von ihm hören. Gemäß der islamischen Theologie kommt es zur Zeit Noachs zur Einführung des Götzendienstes. In Sure 71,22–23 sind die Gottheiten des altarabischen Pantheons, die außerhalb Mekkas verehrt wurden, erwähnt. Die Strafe folgt auf den Fuß: „Wegen ihrer Sünden wurden sie ersäuft und ins Feuer geführt“ (Vers  25).

Gemäß dem Register der von Annemarie Schimmel kommentierten Koran-Ausgabe kommt Adam in neun Suren vor, von Noach und seinem Volk ist in 28 Suren die Rede.

4.2  Abraham und Lot

Und noch ein guter Bekannter begegnet im Koran: In Sure 2,118 wird er vorgestellt: „Siehe, ich mache dich zu einem Imam für die Menschen.“ Gemäß Mohammed besitzt Abraham die reine, unverfälschte, dem Islam entsprechende Religion, von der die Juden, d.h. die Nachkommen Abrahams, abgefallen sind.

Allah befiehlt Abraham und seinem Sohn Ismael, das Haus, d.h. die Kaaba in Mekka, zu einem Versammlungsort für die Menschen und einem Asyl zu machen. Sie sollen sein Haus für alle reinigen, die dorthin kommen (Sure 2,119). Beide zusammen sind gemäß dieser Sure die Stifter des mekkanischen Heiligtums, von dem Götzenanbeter fortan ausgeschlossen sind.

Abraham gehorcht Allah und wird Muslim: „Ich ergebe mich völlig dem Herrn der Welten“ (Sure 2,125). Seinen Kindern legt er ans Herz, nicht zu sterben, ohne Muslime geworden zu sein. Die Gebetsformel seiner Söhne heißt: „Anbeten werden wir deinen Gott und den Gott deiner Väter Abraham und Ismael und Isaak, einen einzigen Gott“ (Sure 2,127). Hier sei angemerkt, dass die bei Juden übliche Formel „Gott unserer Väter, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs“ lautet, d.h. Jakob wurde durch Ismael ersetzt.

Abraham ist nicht nur ein Imam, nein, der Koran betont ausdrücklich: „Abraham war weder Jude noch Christ; vielmehr war er lauteren Glaubens [d.h. ein Hanif], ein Muslim“ (Sure 3,60).

Ein wichtiger Aspekt eines jeden Gläubigen ist es, auch dem Koran zufolge, Verzeihung zu gewähren oder für andere um Verzeihung zu bitten, mit einer Ausnahme: Abraham betet zwar um Verzeihung für seinen Vater; das tut er aber nur wegen eines Versprechens, das er ihm gegeben hat. Als er jedoch begreift, dass er „ein Feind Allahs“ ist, sagt er sich los von ihm, obwohl der Koran ausdrücklich betont: „Siehe, Abraham aber war wahrlich mitleidsvoll und milde“ (Sure 9,115).

Dieser Sachverhalt wird noch einmal in Sure 14 mit der Überschrift „Abraham“ unterstrichen: Abraham bittet in seinem Gebet an Allah um Sicherheit für sein Volk (38–42) — und auch für seinen Vater erbittet er Gnade (Sure 19,42–51); gleichzeitig fleht er ihn an, von seinem Weg abzulassen. Da Abrahams Vater das ablehnt, trennt sich Abraham von ihm.

Damit aber nicht genug. Immer wieder verweist der Koran auf Abraham, der seinem Vater und seinem Volk vorhält: „Siehe, ich bin rein von dem, was ihr anbetet, außer dem, der mich erschuf“ (Sure 43,25). Sie halten seine Worte jedoch für Zauberei, an die sie nicht glauben können.

Und noch einmal ist von Abrahams Vater und seiner Götzenverehrung die Rede. Sure 21,52–74 berichtet davon, wie Abraham die Götzen außer dem obersten in Stücke schlägt, damit sie diesem die Tat zuschreiben. Dafür wollen die Menschen Abraham verbrennen, aber Allah rettet ihn zusammen mit Lot, der später seinerseits aus der Stadt voller schlechter Leute ebenfalls von Allah gerettet wird (Verse 74–75).

In Sure 26 wird der Gläubige ermahnt, die Geschichte Abrahams vorzulesen (Vers 69). Abraham ergreift die Gelegenheit, den Herrn der Welten vor seinem Vater und seinem Volk zu loben: Er hat ihn erschaffen und leitet ihn; er speist und tränkt ihn, er heilt ihn, wenn er krank ist, und er hofft, er werde ihm am Tag des Gerichts seine Sünden verzeihen. Es ist ein großes Glaubensbekenntnis Abrahams vor den „Verirrten“, wie der Koran sie nennt (Vers 94).

In Sure 29,15 ermahnt Abraham sein Volk zur Umkehr; aber alles, was es darauf erwidert, ist: „Tötet ihn oder verbrennt ihn“ (Vers 23). Allah errettet Abraham aus dem Feuer. Später bekommt Abraham Isaak und Jakob, und seine Nachkommenschaft erhält das Prophetentum und die Schrift, und auch im Jenseits soll er zu den Rechtschaffenen gehören (Sure 29,26).

Kurz erwähnt wird in Sure 11 die Geschichte von den Gesandten Allahs, d.h. den Engeln, die zu Abraham kommen, um ihm und seiner Frau die Geburt ihrer Söhne Isaak „und nach Isaak Jakob“ (Sure 11,74) anzukündigen.

Sure 51,24–29 spricht ausführlicher von „Abrahams geehrten Gästen“, die zu ihm kommen und ihm „Frieden!“ wünschen. Abraham schlachtet ein fettes Kalb für sie, von dem sie aber nicht essen. Statt dessen verkünden sie ihm, er werde einen Sohn bekommen. Auf diese Ankündigung hin verhält sich Sara dem Koran zufolge so: „Seine Frau nahte lärmend und schlug ihr Angesicht und sprach: ‚Eine alte Frau, unfruchtbar!'“ (Vers 29). In der Hebräischen Bibel heißt es dagegen; „Und es lachte Sara in ihrem Inneren“ (1. Mose 18,12).

[9] Siehe dazu Paret, Rudi: Mohammed und der Koran, S. 14–23.

1 Kommentar

  1. Die Versangaben in diesem Aufsatz sind etwas gewöhnungsbedürftig und entsprechen nicht der bei Muslimen üblichen Zählung. Aber ich glaube, die Autorin hat den Koran nicht wirklich selber gelesen, sondern arbeitet sich an Konkordanzen und nichtmuslimischen Kommentaren ab. Hier mal ein Beispiel, welches für den gesamten Aufsatz stehen mag:

    Abraham gehorcht Allah und wird Muslim: „Ich ergebe mich völlig dem Herrn der Welten” (Sure 2,125). Seinen Kindern legt er ans Herz, nicht zu sterben, ohne Muslime geworden zu sein. Die Gebetsformel seiner Söhne heißt: „Anbeten werden wir deinen Gott und den Gott deiner Väter Abraham und Ismael und Isaak, einen einzigen Gott” (Sure 2,127). Hier sei angemerkt, dass die bei Juden übliche Formel „Gott unserer Väter, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs” lautet, d.h. Jakob wurde durch Ismael ersetzt.

    Jakob wurde da nicht „ersetzt“, sondern er spricht dort selber. Schauen wir in den Koran 2:133

    Oder seid ihr etwa anwesend gewesen, als der sterbende Jakob seinen Kindern sagte: „Wem werdet ihr nach meinem Tod dienen?“ Sie sprachen: „Wir werden deinem Gott dienen, dem Gott deiner Vorfahren Abraham, Ismael und Isaak, dem einzigen Gott. Ihm sind wir ergeben.“

    Wie kann man das überlesen? Natürlich wird Jakob ansonsten auch genannt, siehe Koran 3:84:

    Sprich: „Wir glauben an Gott, an die Offenbarung, die Er uns herabgesandt hat, an das, was Er Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und dessen Nachkommen herabgesandt hat, und an die Offenbarungen, die Moses, Jesus und die Propheten von ihrem Herrn bekommen haben. Wir machen keinen Unterschied zwischen ihnen und sind Gott ergeben.“

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